Der folgende Text wurde von Michael Musch am 22.5.2018 in der Mailingliste des Vereins für Computergenealogie veröffentlicht. Wir danke für seine Bereitschaft, den Text auch hier zu veröffentlichen.

Auskünfte beim Standesamt und beim Meldeamt

Für die Familienforschung sind Auskünfte sowohl des Standesamts als auch
des Einwohnermeldeamtes oftmals eine wesentliche Quelle, die
insbesondere aktuellere Jahrzehnte betreffen. Hinsichtlich der
Auskunftsmöglichkeiten und Auskunftspflichten der Behörden ist zwischen
Personenstandsdaten (Auskunft beim Standesamt) und Meldedaten (Auskunft
beim Einwohnermeldeamt) zu unterscheiden. Neben der Auskunft besteht
insoweit i.Ü. auch ein Einsichtsrecht.

Standesamt in Binz /Rügen
Standesamt in Binz /Rügen im ehemaligen Rettungsturm von Ulrich Müther

Personenstandsdaten

Personenstandsdaten beinhalten insbesondere:

  • Geburt
  • Heirat
  • Tod
  • Kinder und deren Elternteile
  • Familienstand
  • Religion

Hierbei liegen dann auch die entsprechenden Urkunden vor, sowie ggf. ein
angelegtes Familienbuch.

Die Daten und Urkunden sind bei der Behörde (Standesamt) verfügbar, bei
welcher das entsprechende Ereignis (Geburt, Tod, Heirat) eingetreten ist.

Hinweis:

Soweit die Aufbewahrungsfristen nach § 5 Abs. 5 PStG abgelaufen sind

  • für Eheregister und Lebenspartnerschaftsregister 80 Jahre;
  • für Geburtenregister 110 Jahre;
  • für Sterberegister 30 Jahre;

sind Auskünfte nur noch bei den entsprechenden aufbewahrenden Archiven
verfügbar ? das Archiv kann beim Standesamt in Erfahrung gebracht werden.

Eine Einsicht bzw. Auskunft in/aus Archivgut ist hierbei i.d.R. ohne
Beschränkungen für die Familienforschung möglich.

Die Personenstandsdaten und die Führung der Register und
Unterlagen/Urkunden sind im Personenstandsgesetz (PStG) geregelt.

Gem. §§ 61, 62 PStG kann jeder Vorfahre und Abkömmling
Personenstandsurkunden und entsprechende Auskünfte erhalten. Hierbei
sind keine weiteren Darlegungen erforderlich. Es reicht die Darlegung
der Verwandtschaft.

Andere Personen können jedoch gem. § 61 Abs. 1 S. 2 PStG entsprechende
Urkunden und Auskünfte erhalten, soweit sie ein rechtliches Interesse
glaubhaft machen. Im Einzelfall ist jedoch auch ein berechtigtes
Interesse (siehe hierzu bei Meldedaten) ausreichen.

Ein rechtliches Interesse setzt voraus, dass es ein auf Rechtsnormen
beruhendes oder durch solche geregeltes, gegenwärtig bestehendes
Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache
umfasst (KG, BeckRS 2011, 01793). In Bezug auf Personenstandsdaten ist
es nur dann gegeben, wenn deren Kenntnis für eine Person zur Verfolgung
von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich ist (OLG
Frankfurt, FGPrax 2000, 67, 68; NJW-RR 1995, 846,847). Hierbei wird
allgemein das rechtliche Interesse eines Antragstellers an der Erteilung
von Personenstandsurkunden zum Zwecke der Feststellung von
Personenstandsdaten von Angehörigen bejaht, wenn diese zum Nachweis von
bestehenden oder bevorstehenden Erbrechten benötigt werden (OLG
Frankfurt, a.a.O.; OLG Düsseldorf,· Beschluss vom 23.07.2013, · Az. I-3
Wx 11/13). Insofern ist für die Ahnenforschung grundsätzlich kein
rechtliches Interesse anzunehmen.

Allerdings ist noch eine /kleine/ weitere Möglichkeit der Benutzung
eröffnet. Denn § 62 Abs. 3 PStG sieht vor Ablauf der
Aufbewahrungsfristen nach § 5 Abs. 5 PStG vor, dass ein berechtigtes
Interesse (hierzu zählt die Ahnen- und Familienforschung) auch außerhalb
des Kreises der nächsten Angehörigen ausreicht, wenn seit dem Tod des
zuletzt verstorbenen Beteiligten (an dem betreffenden Ereignis: Geburt,
Tod, Heirat) 30 Jahre vergangen sind. Beteiligte sind hiernach:

  • Bei der Geburt: die Eltern und deren Kinder
  • Bei der Heirat: die beiden Ehepartner/Lebenspartner
  • Beim Tod: der Verstorbene

Die Auskunft und entsprechende Abschriften der Urkunden sind
gebührenpflichtig.

Hinweis: I.d.R. liegt beim Standesamt auch eine Mitteilung des Arztes
oder Krankenhauses über die Todesursache vor. Dieser Arztbericht kann
bei der Familienforschung ebenfalls interessante Informationen
enthalten. Ggf. existieren auch noch die Krankenhausakten bei den
betreffenden Krankenhäusern.

Meldedaten

Meldedaten beinhalten insbesondere:

  • Name und Vorname
  • Geburtsdatum und Geburtsort
  • Familienstand
  • Sterbedatum und Sterbeort
  • Staatsangehörigkeit
  • Meldeanschriften und Datum des Zuzugs und Wegzugs
  • Zuzugsanschrift (soweit mitgeteilt)
  • Wegzugsanschrift (soweit mitgeteilt)
  • ggf. Vermieterdaten

Hinweis: Anhand der Meldedaten ist es insoweit i.d.R. z.B. auch möglich
festzustellen (aufgrund der örtlichen Zuständigkeiten) in welche Schule
die Kinder gegangen sind.

Die Meldedaten und die Führung der Register und Unterlagen sind
zwischenzeitlich im Bundesmeldegesetz (BMG) geregelt.

Gem. § 44 Abs. 1 BMG kann Jedermann eine einfache Meldeauskunft
einholen. Hierbei können die folgenden Daten Seitens der Meldebehörde
mitgeteilt werden:

  • Familienname,
  • Vornamen unter Kennzeichnung des gebräuchlichen Vornamens,
  • Doktorgrad und
  • derzeitige Anschriften sowie,
  • sofern die Person verstorben ist, diese Tatsache

Darüber hinaus kann gem. § 45 Abs. 1 BMG bei sogenanntem “berechtigtem
Interesse” eine erweiterte Meldeauskunft eingeholt werden. Hierbei
können dann die folgenden weiteren Daten Seitens des Meldebehörde
mitgeteilt werden:

  • frühere Namen,
  • Geburtsdatum und Geburtsort sowie bei Geburt im Ausland auch den Staat,
  • Familienstand, beschränkt auf die Angabe, ob verheiratet oder eine
    Lebenspartnerschaft führend oder nicht,
  • derzeitige Staatsangehörigkeiten,
  • frühere Anschriften,
  • Einzugsdatum und Auszugsdatum,
  • Familienname und Vornamen sowie Anschrift des gesetzlichen Vertreters,
  • Familienname und Vornamen sowie Anschrift des Ehegatten oder des
    Lebenspartners sowie
  • Sterbedatum und Sterbeort sowie bei Versterben im Ausland auch den Staat

Ein “berechtigtes Interesse” bezeichnet ein wirtschaftliches,
wissenschaftliches oder ideelles Interesse einer Person, das als
schutzwürdig anzusehen ist. Ein rein rechtliches Interesse ist hingegen
nicht erforderlich.

Das berechtigte Interesse ist gegenüber der Meldebehörde glaubhaft zu
machen, also dazulegen. Das BMG sieht insoweit jedoch keine Vorschriften
vor, wie das berechtigte Interesse überprüft werden soll. Dies liegt
insoweit im Ermessen der Behörde, jedoch hat diese nach pflichtgemäßen
Ermessen zu entscheiden und ihr steht insoweit kein Bewertungsrecht zu,
für wen aus welchem Grund ein entsprechendes berechtigtes Interesse
besteht. Für das berechtigte Interesse kann daher eine einfach Darlegung
ausreichend sein. Daher erteilen die Meldebehörden i.d.R. ohne weitere
Prüfung Auskünfte, die für die entsprechende eigene Familienforschung
erforderlich sind, da die Familien- und Ahnenforschung stets als
berechtigtes Interesse (ideelles Interesse, sowie oftmals die einzige
Chance und Möglichkeit Familienmitglieder zu finden bzw. die Kinder von
weiteren Familienzweigen zu finden ? Schutzwürdigkeit der Familie ist
auch nach Art. 6 GG anerkannt) anerkannt ist.

Hierbei ist es insoweit auch unbedeutend, ob eine Person verstorben
ist oder noch lebt oder ob eine Person direkt verwandt ist oder nur
eingeheiratet. Das Gesetz sieht hierzu ausdrücklich keine
Einschränkungen vor.

Die Auskunft ist i.d.R. gebührenpflichtig.

Hinweis: Für Nachkriegsjahre existieren oftmals auch noch die alten
Meldekarten, die die gesamte Familien ausweisen. Kopien hiervon werden
meist angefertigt und ausgehändigt.

2 Gedanken zu “Auskünfte beim Standesamt und beim Meldeamt”

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