Schon seit Längerem stand ein Besuch im Landeskirchlichen Archiv in Greifswald auf meinem Programm. Im August war endlich ausreichend Luft in meinem Kalender und ich bekam auf meine Email-Anfrage hin eine Zusage für einen Arbeitsplatz.

Das Archiv befindet sich in einer wunderschönen Jugendstilvilla, die seit 55 Jahren Wohnort für die Bischöfe der Pommerschen Evangelischen Kirche und ihre Familien ist. ((http://www.nordelbisches-kirchenarchiv.de/sites/default/
files/mitteilungen-zum-archivwesen/mitteilungen_nr-_41.pdf, p. 5-9
)) Der Weg ins Archiv führt um die Villa herum, der Eingang befindet sich an der Rückseite des Hauses. Aufgrund ihrer Lage im Tiefparterre sind die Räume selbst im Sommer kühl, man sollte also für alle Fälle den Pullover nicht vergessen.

Die Bischofsvilla befindet sich inmitten eines Wohngebietes, in dem Parken leider nur für Anwohner mit Ausweis oder gegen Gebühr erlaubt ist – also ausreichend Kleingeld mitbringen. Ansonsten ist ein längerer Fußweg angesagt. Am Besten ist das Archiv eigentlich mit dem Fahrrad erreichbar, so man denn vor Ort eines zur Verfügung hat.

Lesesaal im Landeskirchlichen Archiv in Greifswald
Lesesaal im Landeskirchlichen Archiv in Greifswald

Das Archiv ist alle zwei Wochen jeweils am Donnerstag von 08:00 bis 17:00 und Freitag von 08:00 bis 16:00 geöffnet, bis auf die Mittagspausen von 12:00 bis 13:00. ((http://www.pommersches-kirchenarchiv.de)) Der Lesesaal ist mit sieben gut beleuchteten Arbeitstischen ausgestattet, sowie vier Mikrofilm-Lesegeräten, die wohl in Funktionalität und Komfort unterschiedlich sind. Anscheinend sind viele Kirchenbücher (insbesondere aus Vorpommern) inzwischen verfilmt worden, so dass die Lesegeräte der limitierende Faktor und oft schon Wochen im Voraus ausgebucht sind. Die rechtzeitige Anmeldung ist also zwingend erforderlich.

Meine Recherchen betrafen ausschließlich Hinterpommern und dort speziell den Kreis Naugard. Ich hatte deshalb das Privileg, in den Originalen der Kirchenbücher lesen zu können. Ein großer Teil der Bücher ist inzwischen restauriert und dement-sprechend in ausgesprochen gutem Zustand. Sie sind allerdings bis auf die (auch online verfügbare ) ((http://www.pommersches-kirchenarchiv.de/Seiten/buecherliste1.htm)) Bestandliste nicht weiter erschlossen; insbesondere gibt es keine Findhilfen nach Familiennamen.

Die Nutzung des Archivs selbst ist denkbar unkompliziert und mit € 7,- pro Tag wirklich preiswert; die Arbeitsatmosphäre ist total entspannt und freundlich. Von der Leiterin des Archivs Frau Reinfeldt und den zwei studentischen Hilfskräften, die bei meinem Besuch noch anwesend waren, wurde ich hervorragend betreut. Wenige Augenblicke nachdem ich um ein bestimmtes Kirchenbuch gebeten hatte, hielt ich
es bereits in Händen. Und auch mit hilfreichen Hinweisen zu meinen Forschungen wurde ich bereitwillig unterstützt.

Die oft großen, unhandlichen Kirchenbücher sind zum Fotokopieren nicht besonders gut geeignet – meistens gehen die Einträge auch noch über die gesamte Breite beider Seiten. Deshalb ist meine primäre Vorgehensweise zunächst das (Entziffern und) Abschreiben relevanter Informationen. Auf meine Nachfrage hin erfuhr ich dann, dass einzelne Einträge auch durchaus fotografiert werden dürfen [die systematische Erfassung in größerem Umfang ist allerdings nicht zulässig]. Die Arbeitslampen auf den Tischen liefern dazu ausreichend Licht, so dass die stets mitgeführte kleine Digitalkamera selbst ohne Blitzlicht brauchbare Ergebnisse liefert.

So hatte ich schließlich am Ende von zwei anstrengenden Tagen viele Seiten voll mit handschriftlichen Notizen und Dutzende Digitalfotos zu weit über 200 Kirchenbuch-Einträgen, mit deren Hilfe ich dem entsprechenden Zweig im Familien-Stammbaum zwei weitere Generationen mütterlicherseits samt Geschwistern hinzufügen konnte. Und auf der väterlichen Seite konnte ich in entscheidenden Details Folklore durch Fakten korrigieren. Nur bei der Suche nach den Eltern von Johann Carl Friedrich Wrensch oder seinem Geburtsort bin ich trotzdem noch keinen Schritt weiter gekommen. Ich bin also sicher nicht das letzte Mal im Landeskirchlichen Archiv in Greifswald gewesen.

Ein kleiner Tipp zum Schluss:
Allen, die nicht sowieso schon in der Nähe von Greifswald sind, würde ich auf jeden Fall raten, beide Tage einzuplanen und zu reservieren, damit sich die Fahrkosten auch lohnen und man nicht schon inmitten der ersten erfolgreichen Spur abbrechen muss. Einerseits sind selbst zwei Tage oder fünfzehn Stunden bei intensiver Suche im Nu vorbei; andererseits erfordert es aber entsprechende Vorbereitung, damit die Zeit auch optimal genutzt werden kann und die Suchideen nicht vorzeitig ausgehen. Deshalb empfehle ich, ausreichend viele Themen zur Recherche mitzunehmen, und alles Erforderliche, um eventuelle Funde bereits vor Ort verifizieren zu können.
Klaus Kohrt