Der folgende Hochzeitsbitterspruch ist vor kurzem in einem alten Familienarchiv in Greifenhagen aufgefunden und mir in dankenswerter Weise zur Veröffentlichung zugestellt worden. Das brüchige Papier und die vergilbte Schrift lassen darauf schliessen, daß das Schriftstück 100 – 120 Jahre alt ist. Damit stimmen die persönlichen Erinnerungen der Finderin des Schriftstückes überein; die Hochzeit zu der hier eingeladen wurde, hat in Eichwerder (Kreis Greifenhagen) stattgefunden und der Bräutigam stammte aus Wintersfelde (Kreis Greifenhagen).

Hochzeitsbitter in der Tenne in Jamund, Kreis Köslin, Bild: Iwan, Hochzeitsbitter in der Tenne aus Illustrirte Chronik der Zeit 11/1890

Ich kom hier mit freundlichen Schritten

Zu Euch hier eingeritten;

Sie möchten mir nicht vor Übel deuten

Daß ich komm mit mein Ferdt in die Stube zuu Reiten.

Darum seien sie ein wenig still

Wenn ich zur Hochzeit Bitten will

Und hier meine Bitte so ablegen

Wie ein Reitterer Botte zu Thun tut pflegen.

Ich habe einen freundlichen Ehrengruß an den Herrn und an die Frau so wohl an die Herren Söhne und die Jungfer Töchter, und sie werden meine Bitte nicht ungewärt von mir annehmen. Ich bin abgefertiget von Bräutigam und Braut, als von den Ehrbaren und wohlgeachteten Junggesell Carl Wilhelm Gr…., des verstorbenen Colonisten und Eigenthümers Daniel Gr…. jüngsten eheleiblichen Sohn, mit seiner vielgeliebten und verlobten Braut Jungfer Christina Luysa K…., des verstorbenen Colonisten und Eigenthümers Gottfried K….. zweiten eheleiblichen Jungfer Tochter.

Diese beiden Persohnen haben mit hoher sonderbahrer Schickung Gottes des Aller Höchsten, beiderseits naher Anverwandten und Freunde Rath, sich in Christliche Ehegelübde eingelassen und sind nunmehro Entschlossen, solches christliche Ehe- und Ehrenwerk durch die Priesterliche Copulation öffentlich zu vollziehn. Daher ich den Herrn und die Frau nebst ihren Kindern, Jungfraun und Junggesellen, nochmals freundlichst zu grüssen habe und bitte, sie mochen doch ihren vorhandenen Geschäften so viel Zeit entziehn, um ihnen diese hohe Ehre und Freundschaft zu erweisen und am künftigen Donnerstage als den 13 February vormittags um 10 Uhr in die Braut ihre Behäusung groß günstig Erscheinen, als den beiden jungen Brautleuten das Geleite über ein klein Feldweges nach die Kirche zu begleiten, allda die Vertrauung mit ein andachtig gebet mit beiwohnen, Gott den Herrn um eine christliche und von Gott wohlgesegnete Ehe anrufen helfen. Nach der Priesterlichen Copulation laß der Bräutigam und die Jungfer Braut den Herrn und die Frau nebst ihren Kindern, Jungfraun und Junggesellen nochmals Freundlich Grüssen und bitten sie mögen sodann mit ihn(en) in das dazu bestimmte Hochzeits Haus einkehren und setzen sich allda zur Tafel nebst anderen erbetenen Gästen und Freunden und wollen allda vorlieb nehmen, was uns der Grundgütige Gott an Essen und Trinken bescheren wird, was die Küchen kochen und die Träger austragen und die Schenker einschenken.

Wenn nun dieser ihn(en) zu Hohe Ehren gereichet, so werden sie es mit Hochstem Dank an den Herrn und die Frau zu Erwiedern suchen, als denn nach dem Essen wird eine lustige Mäsreck gehalten werden, daß ein jeder auf dem Tantz Boden nach sein Blesier Erscheinen kann.

Mit Spielen, Tanzen, Singen und Springen

Wollen wir Frolich die Hochezit vollbringen.

Dieses wollen nun der Bräutigam und die Jungfer Braut gantz ungeweiert von Sie haben, sie wollen doch gantz keine Entschuldigung verwenden, verschmäen Bräuigam und Braut nicht und diesen Reiten Boten auch nicht!

Das im vorletzen Absatz gebrauchte Wort Mäsreck im Sinne von Tanzbelustigung ist wohl das slawische mazurek, das uns in der Zusammensetzung Polka-Mazurka geläufig ist.

Quelle: A. Haas in Pommersche Heimat – Monatsblätter zu Pflege der Heimatkunde und des Heimatschutzes Nr. 4 April 1924, 13 Jahrgang