Der Information 61  der AG für pommersche Kirchengeschichte entnehmen wir diesen Hinweis auf drei Neuerscheinungen:

Greifswald 1951
Greifswald 1951 Bundesarchiv, Bild 183-11021-0006 / CC-BY-SA [CC-BY-SA-3.0-de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons
1. Im Landeskirchlichen Archiv in Greifswald lagern zahlreiche Berichte von Pfarrern der Kirchenprovinz Pommern, die über den Zusammenbruch 1945 und die Situation der einheimischen Bevölkerung in Hinterpommern und Stettin sowie der Flüchtlinge aus Ost- und Westpreußen in den Monaten und Jahren danach berichteten. Diese Briefe, in der Regel an das 1945 von Stettin nach Greifswald verlagerte Konsistorium gerichtet, bilden jetzt neben weiteren Berichten anderer Zeitzeugen die Grundlage für folgende Dokumentation:

Horst Rubbert, Willi Neuhoff, Peter Wessalowski, Horst Jeschke und Detlef Kirchner, Vertreibung der deutschen Bevölkerung 1945-1947 – Vertreibungslager in Stettin (= Stettiner Heft Nr. 19, hg. vom Historischen Arbeitskreis Stettin). – Lübeck: Historischer Arbeitskreis Stettin 2012. 117 S. mit zahlr. Abb. und teils farbigen Karten. Bezug über: Haus Stettin, Hüxterdamm 18A, 23552 Lübeck, Tel. 0451-796742, E-Post:  Detlef Kirchner

Eine wichtige Motivation für das Bemühen der letzten noch lebenden Zeugen der damaligen Ereignisse in und um Stettin, ihre Erlebnisse niederzuschreiben, waren neuere Publikationen aus der Feder junger Polen in Stettin, mit denen diese ihre Recherchen zu den Vertreibungslagern im Stadtgebiet von Groß-Stettin seit Sommer 1945 zu Papier brachten und immer wieder an die Grenzen der Aussagefähigkeit der offiziellen Quellenüberlieferung stießen. Genannt seien hier u.a. die Magisterarbeit von Marlena Tracz und ein Aufsatz von Jan Iwanczuk-Schulz.

Grabmal Friedrich Löffler, Alter Friedhof Greifswald
Grabmal Friedrich Löffler, Alter Friedhof Greifswald, Foto: By User:Gynaekologe (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
2. In den vergangenen Jahren hat es vielfältige Bemühungen gegeben, auch für Pommern die biographische Forschung voranzutreiben. Im kommenden Jahr sollen z.B. seitens der Historischen Kommission für Pommern die beiden ersten Bände eines neuen biographischen Lexikons für Pommern im Böhlau-Verlag Köln/Weimar/Wien veröffentlicht werden. In Greifswald hat sich in den zurückliegenden Jahren ein Kreis von Bürgern tatkräftig für den Schutz und die Pflege des Alten Friedhofs an der Wolgaster Straße engagiert, der 1818 dort angelegt wurde, nachdem die Friedhöfe an den Stadtpfarrkirchen und bei den Spitalkapellen vor den Stadtmauern aufgehoben worden waren. In dem Zusammenhang ist jetzt ein weiterer Band der folgenden Dokumentation erschienen:
Hans Reddemann, Der denkmalgeschützte Alte Friedhof in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald. Eine kulturhistorische Stätte mit zahlreichen Grabmalen bedeutender Persönlichkeiten und Familien der Hansestadt und der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Teil III: Ausführliche Biographien von ausgewählten Persönlichkeiten und Greifswalder Familien, die auf dem Alten Friedhof beigesetzt wurden. – Greifswald: Druckhaus Panzig 2012. 382 S. mit zahlr., meist farbigen Abb. ISBN 978-3-00-027660-6.
Bei der Lektüre dieses Bandes wird die Verflechtung Greifswalds mit dem gesamten deutschen Sprachraum aber auch mit Städten entlang der Ostseeküste anhand der Lebenswege von Vertretern namhafter Kaufmanns- und Handwerkerfamilien sowie von Universitätsangehörigen vom 18. Jahrhundert bis in unsere Tage deutlich. Eine große Zahl von Pfarrern aus ganz Pommern aber auch viele Theologen aus dem Lehrkörper der Greifswalder Universität haben auf diesem Friedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden. Im vorliegenden Band werden sie mit einer gut recherchierten Biographie und in vielen Fällen auch einem Porträtbild gewürdigt. Aufgrund der akademischen Werdegänge einzelner Gelehrter lassen sich Querverbindungen zu den Hohen Schulen in Lund, Uppsala, Dorpat, Königsberg, Breslau, Wien, Budapest, Berlin, Leipzig, Halle (Saale), Jena, Göttingen, Freiburg im Breisgau, Bonn, Münster, Kiel oder Rostock aufzeigen. Die Vertreter des Greifswalder Hofgerichts und des Oberappellationsgerichts, häufig aus Familien stammend, die noch in der Schwedenzeit geadelt wurden, finden sich in dieser Zusammenstellung ebenso wie die Greifswalder Bürgermeister oder namhafte Militärs, die in der Greifswalder Garnison stationiert waren. Dem Autor ist es zu verdanken, daß hier nicht nur die einzelnen Namen aneinandergereiht wurden, sondern auch die vielfältigen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den einzelnen Familien aufscheinen.

3. Ein Lebensbild, das im vorgenannten Titel über die auf dem Alten Friedhof in Greifswald beigesetzten Persönlichkeiten besonders heraussticht ist das des langjährigen leitenden Bibliothekars an der Greifswalder Universitätsbibliothek, Johannes Luther (1861-1954). Er war ein Nachfahre des jüngeren Bruders von Martin Luther, Jakob Luther. Johannes Luther hat auch heute noch in der Fachwelt einen guten Ruf, da er sich einerseits mit eigenen Beiträgen um die Lutherforschung verdient gemacht hat, andererseits aber das Bibliothekswesen in ganz Preußen voranbrachte, Bibliographien und Editionen aus den Handschriftensammlungen der Greifswalder UB förderte sowie maßgeblich der Zeitungskunde zu ihrem heutigen Stellenwert verhalf. In seiner Leidenschaft für das Bibliographieren von Untersuchungen, die sich mit Martin Luther beschäftigten, hätte er sicherlich auch den folgenden Titel erfaßt:
Birgit Stolt, “Laßt uns fröhlich springen!” Gefühlswelt und Gefühlsnavigierung in Luthers Reformationsarbeit (= Studium Litterarum. Studien und Texte zur deutschen Literaturgeschichte 21). – Berlin: Weidler Buchverlag 2012. 352 S. mit drei Abb. ISBN 978-3-89693-575-5.
Die Uppsalaer Germanistin Birgit Stolt hat sich in dieser Studie mit der Emotionalität in Luthers Schriften und damit in seinem Denken beschäftigt. Ihr geht es um die Ergänzung des bisher allzu stark dominierenden Bildes von der Intellektualität dieses Reformators durch eine an Paulus angelehnte Betonung des “Glaubens des Herzens”. Luthers Bestreben, das Bild von Christus als strafenden Weltenrichter durch die Idee vom liebenden Heiland, das des zürnenden Gottes durch ein liebevolles Vaterbild zu ersetzen, wird hier in elf Kapiteln herausgearbeitet. Aus der Sicht einer Linguistin, die seit vielen Jahrzehnten intensiv mit Theologen zusammenarbeitet, wird in der vorliegenden Untersuchung die Gefühlswelt der Menschen im Spätmittelalter beschrieben. Dabei bestechen die Quellenkenntnis der Autorin ebenso wie ihre Bemühungen um Einbeziehung der Ergebnisse der Emotionalitätswissenschaft in die Lutherforschung. Unsere AG pflegt seit vielen Jahren mit Birgit Stolt und ihrem Gatten, Bengt Stolt, einen produktiven Gedankenaustausch. Unsere große Gotland-Exkursion vor einigen Jahren wäre ohne die Unterstützung der beiden nicht denkbar gewesen. Und auch für die nächste Studienfahrt nach Schweden 2014 stehen wir bereits wieder in engem Kontakt. Stellvertretend für die vielen Freunde in aller Welt, von deren Unterstützung unsere AG lebt, sei Birgit und Bengt Stolt an dieser Stelle ausdrücklich gedankt.

Weihnachtskarte
Weihnachtskarte David Mevius Gesellschaft

Schließlich möchte ich die Gelegenheit nutzen, um noch eine Information von Nils Jörn, dem Vorsitzenden der David-Mevius-Gesellschaft (DMG), an Sie weiterzuleiten: Dieser Verein hat für die Rettung des Epitaphs von David Mevius, des bedeutendsten pommerschen Juristen der Schwedenzeit, das heute in der Nikolaikirche zu Wismar hängt, viel bewirkt. Seit geraumer Zeit betreibt die DMG ihr neues Projekt, die Restaurierung der Grabkapelle des Franz von Essen in der Greifswalder Marienkirche. Ende Oktober hat sich Restaurator Andreas Mieth der pommerschen Zentraltugend, der Verschwiegenheit, angenommen und sie in seine Werkstatt nach Berlin mitgenommen. Dort wird sie beispielhaft restauriert, um zu zeigen, wie das Grabdenkmal des pommerschen Hofgerichtsassessors Franz von Essen einmal wieder aussehen soll. Die DMG geht immer noch davon aus, daß diese wunderbare Bildhauerarbeit in der Werkstatt des Berliner Bildhauers Andreas Schlüter entstanden ist. Aber sehen Sie bitte selbst im Netz auf der Seite www.davidmeviusgesellschaft.de unter dem Stichwort “Restaurierungen”! Das schöne Stück ist es auf jeden Fall wert gerettet zu werden.
Und so schickt die DMG denn einmal mehr die Reste der Weihnachtskarten vom Mevius-Projekt ins Rennen. Viele von Ihnen kennen sie und verschicken sie seit Jahren. Übrig sind jeweils mit dem Schriftzug “Frohes Fest” eine rote mit einem Engel sowie eine blaue mit einer Tugend, beides Motive vom barocken Mevius-Epitaph, sowie eine rote mit dem Schriftzug “God Jul”, wie immer für 1,- im Kuvert. Die DMG hat aber als kleines Weihnachtsgeschenk auch die Einkaufswagenchips mit dem Pommerschen Greifen in Gold, Silber und Altmessing, die Greifswalder Marienkirche und die Wieker Brücke in Altmessing im Angebot. Jeder Chip kostet 2,-. Natürlich können Sie auch gern die auf www.davidmeviusgesellschaft.de angegebenen Bücher, mit Spendenquittung von der DMG beziehen. Bitte wenden Sie sich bei Bestellungen, mit denen Sie die Restaurierung der barocken Essenschen Grabkapelle in St. Marien in Greifswald unterstützen an: Dr. Nils Jörn, Klußer Damm 38, 23970 Wismar, E-Post: Nils Joern

 

Über die Restaurierung des Epitaphs berichteten wir hier bereits im vergangenen Jahr.

Ein Gedanke zu “Neuerscheinungen”

  • !945 waren meine Familienmitglieder und ich aus Stettin kommend in den Räumen der damaligen Reichsbahndirektion untergebracht. !945 war ich 6 Jahre alt und hätte eigentlich eingeschult werden müssen. Davon weiß ich allerdings nichts mehr und wäre dankbar zu erfahren, ob überhaupt eingeschult wurde. Wieviel Kinder und wo in welchen Räumen fand der Unterricht statt? War der Lehrkörper ausreichend vorhanden? Gibt es Namen der einzuschulenden Kinder? Wenn mir dazu jemand etwas sagen könnte wäre ich sehr dankbar.

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