Wenn man auf der Suche nach den Ahnen ist, geht man meistens zurück in die Vergangenheit und nicht vor. So habe ich bei meinem Vorfahren Christian David Hess zuerst sein Hochzeitsdatum, dann sein Geburtsdatum gesucht.

Doch irgendwann interessierte ich mich auch dafür, wann mein Vorfahre gestorben ist. So schickte ich eine Anfrage an das Standesamt des letzten Wohnortes und versuchte, sein Sterbedatum ein wenig einzugrenzen:

Bei der Hochzeit seiner Tochter (meiner Ahnin) lebte er 1883 noch und wird dort als Büdner und Maurer, wohnhaft in Katzow genannt.

Die Kirche in Katzow
Die Kirche in Katzow

Da ich auch bereits die Sterbeurkunde seiner Ehefrau (gestorben am 16.November 1891 in Katzow) hatte, wusste ich auch, dass er nach 1891 gestorben sein muss.

Er wird bereits 1891 als Eigenthümer und Maurer genannt.

Demnach hatte ich nun folgende Informationen:

 

– 1883, Büdner und Maurer
– 1891, Eigenthümer und Maurer

Mein Vorfahre muss also zwischen 1883 – 1891 sein Haus gebaut beziehungsweise gekauft haben und nach 1891 in Katzow verstorben sein.

Einige Zeit später dann bekam ich vom Standesamt die Sterbeurkunde zugeschickt. Christian David Hess ist am 03. Januar 1898 in Katzow gestorben.

Als ich mir diese durchlas, dachte ich zuerst dass dies ein normaler Sterbefall gewesen ist:

” Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschien heute, der Persönlichkeit nach bekannt,
der Arbeiter Karl Friedrich Wilhelm Krüger (der Schwiegersohn)
.. daß der Eigenthümer und Maurer Christian David Hess, 70 Jahre, 1 Monat 12, Tage…..

zu Katzow in dem zu seiner Wohnung gehörenden Stalle
am dritten Januar
tausend acht hundert neunzig und acht
Vormittags um fünf einhalb Uhr
verstorben sei. “

Moment mal, “in dem zu seiner Wohnung gehörenden Stalle?” Das klingt komisch. Ist er gestürzt, hatte er einen Schlaganfall, oder warum ist er im Stall gestorben?

Weiter unten schon finde ich die Lösung, warum er dort gestorben ist:

Bemerkung auf der Sterbeurkunde
Bemerkung auf der Sterbeurkunde

“Der Anzeigende erklärte, daß er den genannten Hess als Leiche durch Erhängen im genannten Stalle gefunden habe”

 

Ich war schockiert, als ich dies las! Mein Vorfahre soll ein Selbstmörder gewesen sein? Doch warum? Konnte er den Tod seiner Ehefrau, die vor 7 Jahren verstorben ist, nicht verkraften? Oder hatte er womöglich Geldprobleme und konnte sein Haus nicht mehr halten?

Nun begab ich mich auf die Suche nach einer Antwort, warum er sich umgebracht hatte. Doch die Suche nach der Antwort war schwierig..

Innerhalb meiner Familie hatte niemand etwas aufgeschrieben, die älteren Familienmitglieder wussten nichts und die Sterbeurkunde gab nur das aus, was ich oben zitiert habe.

Doch Moment: Vielleicht befinden sich ja weitere Informationen in dem Kirchenbuch von Katzow? Ich suchte nach dem Eintrag und fand ihn.

Zuerst folgten die üblichen Angaben: Name, Sterbetag, Beerdigung, Alter, Geburts- und Wohnort. Doch in der Spalte Bermerkungen entdeckte ich einen Vermerk:

” Der g. Heß war ein Säufer,
hat sich leider Gottes erhängt.
Beerdigung genehmigt von der
Staatsanwaltschaft Greifswald,
d. 4. Jan. 2.7.6/98 No. 1. “.

Mein Vorfahre war nun also ein Selbstmörder und ein Säufer.

Einige Ahnenforscher würden sich lieber wünschen, so etwas niemals erfahren zu müssen und falls ja würden sie es dann schnell “unter den Teppich” verschwinden lassen. Doch ehrlich gesagt: Ich bin glücklich darüber, dass ich dies erfahren habe!

Zwar ist der Selbstmord meines Ahnen ein sehr trauriges Ereignis, doch spiegelt es dadurch auch wieder, was der Ahne für ein Mensch war. Er war wahrscheinlich verzweifelt und sah keinen Grund mehr zu leben. Er verlor früh seine Frau und versuchte den Kummer “weg zu trinken”.

Vielleicht hatte er dadurch auch Schulden bei Nachbarn und Verwandten angehäuft und konnte diese nicht mehr zurückzahlen. So ganz genau werde ich es wohl nie erfahren, doch ich bin froh, nun mehr über meinen Ahnen erfahren zu haben.

Sobald ich etwas neues zu berichten habe, werde ich es hier natürlich tun 🙂

Liebe Grüße,

David

7 Gedanken zu “Mein Vorfahre, ein Selbstmörder?”

  • Hallo David
    Habe mir deinen Artikel mit großer Interesse durchgelesen,was man so alles entdeckt wenn man sich für seine Ahnen interessiert Kann schon manchmal Traurig sein.
    Bei mir war es ein Vorfahr der erschlagen auf einem Feldweg gefunden wurde.

  • Hallo David,
    mir gefällt Dein Artikel. Du schreibst über eine vergangene Zeit in der Deine Wortwahl so benutzt wurde. Heute wägt der Erwachsene alles ab um nicht anzuecken. Nur ging es nicht um heute sondern um früher. Du hast bisher
    hervorragend von Deiner Ahnenforschung berichtet und bringst der Öffentlichkeit die Ahnenforschung somit näher. Mach weiter so und wir werden weiterhin viel Spaß daran haben Deine Ahnenforschung miterleben zu dürfen.

    Liebe Grüße, Stephan

  • Alkoholabhängigkeit- früher als Säufer bezeichnet- gilt heute als Krankheit. Wer sich dafür interessiert, wie ein doch eigentlich unbescholtener Mensch zum “Säufer” entwickeln kann, dem sei von Fallada “Der Trinker” empfohlen. Vielleicht fällt es dann leichter, sich in die Situation der Erkrankten einzufühlen.

  • Interessante Geschichte. Da es früher keine Medien gab, hat es niemand weiter erfahren, heute gehen solche Nachrichten ganz schnell um die Welt.
    Wie muß einem Menschen zu Mute sein, der so eine Tat begeht.
    Liebe Grüße Elfi Andrmann

  • Hallo David,
    wer längere Zeit Ahnenforschung betreibt, wird in Kirchenbüchern immer wieder darauf stoßen, dass Menschen Suizid begangen haben. Auch in der näheren Verwandtschaft gibt es dieses häufiger (wird natürlich meistens verschwiegen). Aber die geschätzen Zahlen von 20.000 Suizide jedes Jahr in Deutschland besagen auch, dass diese Personen ja mit irgendwem verwandt sein müssen.
    An deinem Artikel stört mich nur die reißerische Überschrift (mein Vorfahre – ein Selbstmörder). Ich meine, dass ein Mensch, der sich aus Verzweiflung das Leben nimmt, nicht mit einem Mörder gleichgesetzt werden sollte. Deswegen finde ich den Begriff Suizid besser.
    Wikipedia : Suizid (von neulateinisch suicidium, aus sui „seiner [selbst]“, und caedere „(er)schlagen, töten, morden“), auch Selbsttötung oder moralisierend Selbstmord oder euphemistisch Freitod, ist die vorsätzliche Beendigung des eigenen Lebens. Ein Suizid kann entweder aktiv geschehen, indem man sich Schaden zufügt (etwa durch tödliche Selbstverletzung oder die Einnahme von Giften), oder aber passiv, indem man nicht mehr für sich sorgt und beispielsweise lebensnotwendige Medikamente, Nahrungsmittel oder Flüssigkeiten nicht (mehr) zu sich nimmt.

    • Hallo David,

      Dein Artikel hat mich sehr berührt. Wer weiß was dieser Mensch alles durchmachen musste!

      LG, Ilse

    • Was bitte soll an einer – m.E.n. – AUSSAGE “reißerisch” sein?!
      Wenn es tatsächlich so ist, dann hat das – so sehe ich es – nichts mit “reißerisch” oder so zu tun, sondern ist nunmal so.
      Ich persönlich finde es einfach nur traurig – und vor allem unbegreiflich, wie jemand überhaupt freiwillig aus dem Leben gehen kann (Ich selbst hab auch so Einiges schon durchgemacht, aber dennoch IMMER WIEDER es geschafft, das Gute im Leben zu sehen; im Gegenteil: Ich finde, für einen Suizid braucht es keinerlei “Lebensverzweiflung” – sondern verd***t viel Mut!)…
      ——
      Übrigens gab es in meiner Linie auch einen Eintrag “wurde von der Polizei in der Wohnung tot aufgefunden” – was genau dahintersteckt, weiß ich nicht (schätze aber, aus Altersgründen >tot umgefallen< und dann später aufgefunden).

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